Bruno der Busfahrer – warum ihn jedes Churer Kind kennt

Wenn Churer Schulkinder an Busfahrer denken, dann denken sie an Bruno. Alle Dritt- bis Fünftklässler der Stadt fährt er – ein Churer Urgestein – wöchentlich zum Schwimmen oder aufs Eisfeld in die Obere Au. Wer Bruno Bürkli begleitet spürt: Er mag seinen Job und die Kids mögen ihn.

«Bruuunoo!» hallt es aus Kinderkehlen freudig über den Pausenplatz. Schulkinder springen mit ihren Sport-Rucksäcken dem Churer Schulbus entgegen. Seit zehn Jahren steuert diesen fast immer er: Bruno Bürkli. «Für die Kinder bin ich einfach ‹Bruno›. Ich habe mich ihnen nie so vorgestellt. Die jüngeren Kinder schnappen meinen Vornamen von den älteren auf und so geht es von Jahrgang zu Jahrgang weiter», erklärt er. Umgekehrt kann er sich die Namen und Gesichter der kleinen Passagiere unmöglich alle merken. Als Chauffeur muss er seine Konzentration ganz auf die Strasse richten. Privat unterwegs in der Stadt wird er auf Schritt und Tritt begrüsst. «Wenn mich ehemalige Schüler fragen ‹Kennsch mi nümma?›, sage ich: ‹I kenna no e paar …›.»

 

Schulnoten und Spaghetti

Bruno fährt wöchentlich alle dritten bis fünften Primarschulklassen der Stadt Chur zum Sport in die Obere Au. Zehnmal pro Jahr auch jene von Rhäzuns. Und täglich chauffiert er morgens und nachmittags rund 45 Kinder mit gefährlichem Schulweg von der Kasernenstrasse zum Schulhaus Herold. Manche fahren während der gesamten Primarschulzeit mit ihm. Da entsteht ein Vertrauensverhältnis. «Sie besprechen mit mir sogar ihre Noten. Ich sage ihnen jeweils: «Alles über Vier ist Luxus. Wenn Mama schimpft, soll sie zu mir kommen.» Wenn um 12 Uhr die Kids wissen wollen, was er zum Zmittag isst, antwortet Bruno: «Schaut meinen Bauch an. Ich esse nichts.» Umgekehrt wettet er jeweils mit Kids: «Heute gibt’s bei dir Spaghetti, 100 Prozent!»

Bruno Bürkli hat selbst zwei Söhne und ist stolzer «Neni». Er schätzt die Ehrlichkeit und Direktheit der Kinder: «Sie tragen ihr Herz auf der Zunge.» Und er fügt an: «Ich bin ein halber Bauer. Vermutlich erinnern mich Kinder deshalb oft an junge Kälbchen. Wie sie übermütig umherhüpfen, herumhantieren und zappelig werden, wenn etwas nicht wie am Schnürchen läuft. Es ist herzig, zu erleben wie sie mitmachen, neugierig sind und lernen.»

 

Busfahren und Bauern

Ebenso gerne wie er den Schulbus fährt, packt Bruno beim Bauern mit an. Schon als Kind half er seinem Grossvater. Heute unterstützt er Kollegen auf Hof und Alp. Wenn er 2023 pensioniert wird, würde er gerne noch an zwei, drei Tagen pro Woche den Schulbus fahren und vermehrt wieder mit seinen Freunden «puura» und «z’Alp gah».

Dabei ist Bruno Bürkli ein Städter. Seit Geburt wohnt er in Chur. «Sobald ich Chur verlasse, bekomme ich Heimweh», witzelt er. 1987 startete er als Teenager bei Chur Bus seine Chauffeur-Laufbahn. Bis heute ist er dem Unternehmen treu. Zwischenzeitlich leitete er sechs Jahre lang die Bus-Werkstatt. Als sein Vorgänger beim Schulbus in Rente ging, brachte sich Bruno Bürkli in Position. Seit 2011 personifiziert er den Schulbus. Während den Schulferien und zur Entlastung springt Bruno als Chauffeur auf den regulären Buslinien ein.

 

Zeitpuffer und Zusatzschleifen

Im Gegensatz zum Taktfahrplan der minutengenau eingehalten werden muss, hat Bruno zwischen den Schülerfahrten Puffer von über einer halben Stunde. «Wenn es mal etwas länger dauert nach dem Schwimmen oder ein Kind den Rucksack vergisst, ist das kein Problem, dann warte ich oder fahre eine Zusatzschleife. Das mache ich gerne.» Die Lehrerinnen und Lehrer begleiten und beaufsichtigen ihre Klassen im Bus. Bruno sagt: «Mit der Lehrerschaft habe ich es super. Manchmal trinken wir einen Kaffee zusammen. Wenn ein Geburtstag gefeiert wird, sagten Lehrer zu mir auch schon: ‹Khum doch au mit!›»

Zwischen den Fahrten in die Obere Au kümmert sich Bruno im Betrieb um die Kaffeemaschinen und die Bus-Waschanlage, aber auch um die Infotafeln an allen Haltestellen im Liniennetz. Falls es an den Haltestellen Vandalismus gibt oder Chauffeure eine kaputte Tafel entdecken, informieren sie Bruno. Dann setzt er die Dinge wieder in Stand. Nach Anlässen wie der Fasnacht oder dem Churer Fest gibt das etwas mehr zu tun. Beim Fahrplanwechsel im Dezember ist Bruno jeweils drei Tage lang mit Arbeitskollegen auf Tour und wechselt alle Aushänge aus.

 

Schulbus als Selbstläufer

«Auf Bruno können wir uns verlassen. Er kennt die ganzen Abläufe seit Jahren», erklärt Roger Senti, Betriebsleiter von Chur Bus. «Bruno erledigt alle seine Aufgaben zuverlässig. Mit ihm ist der Schulbus ein Selbstläufer.» Dass die Kinder Bruno mögen, bleibt Roger Senti nicht verborgen: «Am Ende des Schuljahres erhält Bruno jeweils Geschenke. Klassen haben schon für ihn gesungen und es gab zum Abschied auch schon Tränen.»

Die letzten Fahrten gehen nicht nur den Kindern nahe. Bruno erzählt: «Wenn die Kinder beim Abschied feststellen ‹Jetzt kommen wir nicht mehr!›, beruhige ich sie: ‹Das macht doch nichts, dafür kommen die nächsten.› Dann fragen sie: ‹Dir macht das also nichts aus?› Und ich sage: ‹Doch, doch – aber so ist es halt›.»

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