Ein Ohr für die Vergangenheit
Vermutlich gab es am Tag des Geschehens nicht immer wahnsinnig viel zu lachen. Mit der nötigen (zeitlichen) Distanz und im Wissen, dass bei den Vorfällen niemand ernsthaft zu Schaden kam, schmunzeln wir heute darüber. Vielleicht erinnern Sie sich ja selbst sogar an den einen oder anderen Vorfall. Wenn nicht, kein Problem – nicht alles schafft es in die Zeitung, zum Glück – und dann, ja dann schmunzeln Sie vielleicht jetzt mit uns mit. Hier einige Späne, der letzten 25 Jahre für Sie.
An jenem Tag hatte es viel geregnet. Soviel, dass die Wasserschächte in mehreren Unterführungen der Stadt nicht nachkamen, das angesammelte Wasser zu schlucken. Auch die Sommeraustrasse unter der Autobahnbrücke Chur Süd war mindestens knietief überflutet.
Dort und an anderen Stellen mussten unsere Busse durch. Im Safari-Style ging das mehrheitlich gut. Bei einer Durchfahrt jedoch, entdeckte der aufmerksame Blick der Fahrerin im Rückspiegel etwas Rotes im Wasser untertauchen. Der Bus hielt nach der Pfütze an. Die Vordertür ging auf, sie stieg aus, zog kurzerhand die Schuhe aus und rollte ihre Hosen hoch. Entschlossen lief sie ins Wasser und kam kurz danach mit dem abgetauchten, roten Raddeckel wieder hinaus. Und weitergings.
Der Betriebsleitung war klar: Der erfolgreiche Rettungseinsatz verdiente die Auszeichnung «Seepferdli».
Schon wieder wurde eine öffentliche Einrichtung verwüstet. Zumindest hat dies ein Tatzeuge so wahrgenommen. Der besorgte Fahrgast meldete unserem Kundendienst telefonisch: «Jemand verschandelt den Bus mit Schmierereien!»
Nach sorgfältiger Abklärung der Umstände konnte unser Kundendienst den Fahrgast beruhigen und ihm mitteilen, dass es sich bei der Beobachtung um die Aktion «Kunst im öffentlichen Raum» handelte, bei welcher auch der Chur Bus mitwirkte. Im Rahmen dieser schmückte ein Künstler die Scheiben eines Busses während der Fahrt mit seinen Zeichnungen…
Im Ereignis bewahrheitete sich das Sprichwort des deutschen Komikers Karl Valentin also, zumindest so, wie wir es verstehen: «Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit».
Wie oft zu beobachten auf den Strassen der Region: Bauarbeiten sind im Gange. Auch an jenem Tag dieses Ereignisses war Bautätigkeit auf der Strasse zwischen Domat/Ems und Reichenau auszumachen. Auch ein Gelenkbus der Linie 1 war auf dieser Strecke in Richtung Chur unterwegs. Der Verkehr von Tamins herkommend wurde von einem Verkehrsdienst über den Emser Golfplatz umgeleitet. Auch unser Bus folgte den Anweisungen und bog ab. Umleitungen sind Alltag für uns, somit nichts Besonderes. Diesmal aber war es keine gute Idee.
Die Umleitungsroute galt lediglich für den Individualverkehr. Unser Bus hätte geradeaus durch die Baustelle rollen dürfen. Die Strasse über den Golfplatz wäre zu eng, dazu unsere Fahrzeuge auch noch zu schwer. Zu spät aber auch, denn diese Informationen waren über unsere internen Kanäle nicht bis zum Cockpit des Busses gelangt. Und so fuhr der Bus am Golf-Club Restaurant vorbei weiter in Richtung nächster Haltestelle. Auf halber Strecke, mitten auf dem Golfplatz blieb er schliesslich stecken. Für die Fahrgäste wurde ein Ersatzbus organisiert. Nach einem kurzen Fussweg unter der Bahnunterführung durch, durften sie ihre Fahrt fortsetzen. Gleichzeitig musste unsere Werkstatt-Crew auf dem Golfplatz intervenieren und das Fahrzeug aus der misslichen Lage befreien.
Eine Kundin übrigens, blieb während der ganzen «Operation» im Bus sitzen und bestand darauf, an ihr Ziel gefahren zu werden. Wurde erledigt. Lieber später als nie…
Eine Zeit lang hatten wir in Chur einen Doppelstöcker-Bus auf der Linie im Einsatz. Meistens war dieser zwischen Chur und Ems-Chemie unterwegs.
Nach beendetem Dienst fuhr der «Doppelstöcker» eines Tages nicht über die übliche Route zurück zum Depot. Die gewählte Route führte bei der Autobahn-Unterführung Chur Süd beim Media Markt vorbei. Am Steuer sass ein Chauffeur, der kurzfristig als Aushilfe eingesprungen war.
Dass dies nicht der optimale Weg war, ahnte der Chauffeur nicht und fuhr unter der Brücke durch. Per Funk war er mit der Betriebsleitung in Verbindung. Die Kollegen, welche aus dem Fenster zum Ort des Geschehens sahen, versuchten ihn von seiner Tat abzuhalten… sie vermuteten, die Brücke sei zu niedrig.
Zu spät, leider. Als der Bus kurz darauf auf den Platz vor dem Depot fuhr, bewahrheitete sich die Vermutung. Die Durchfahrt war zwar möglich, am Bus fehlten danach jedoch einige Zentimeter an Höhe – zwei Scheiben waren zersplittert, das Dach zerkratzt.
Die Unterführung wurde später abgesenkt und zum heutigen Stand umgebaut. Doppelstöcker haben wir keine mehr, wir setzen lieber auf Gelenkbusse.
Fakt ist, unsere Busse werden täglich, oder besser gesagt nächtlich, Nacht für Nacht, gründlich gereinigt.
Nun war ein Fahrgast an einem schönen Herbsttag im ersten Morgenlicht mit uns zur Arbeit unterwegs. Er nahm wie gewohnt Platz im Bus. Als sein Blick kurz nach dem Verlassen der Haltestelle nach draussen schweifte, bemerkte er, dass von den Haltestangen über seinem Kopf mehrere Putzlumpen herunterwinkten.
Das Handyfoto der Putzlumpen-Galerie, welches uns erreicht hat, war von einer Frage begleitet: «Eine Aktion im Sinne von Kunst im Bus oder einfach das Putzmaterial vergessen?»
Des Rätsels Lösung? Die zweite Antwort.
Das Material, welches von den Stangen hing, war inzwischen fast trocken.