«Die Reihenfolge der Sanierungen wurde aufgrund der Frequenzen, der Priorität wie Zugang zum Spital und Altersheimen sowie der technischen Machbarkeit konzeptionell festgelegt»
Bushaltestellen: Enge Zusammenarbeit mit der Stadt Chur
Seit 2004 ist das Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft. Dieses fordert, dass Menschen mit Behinderungen im Alltag nicht diskriminiert werden. Dazu gehört auch ein hindernisfreier Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln. In Chur werden seit einigen Jahren laufend Bushaltestellen an die gesetzlichen Anforderungen angepasst. Für deren Infrastruktur und Unterhalt ist die Stadt zu-ständig. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Tiefbaudiensten der Stadt und von Chur Bus.


Wir treffen Roland Arpagaus, Stadtingenieur und Leiter der Tiefbaudienste der Stadt Chur, an der Bushaltestelle «Erlöserkirche» in Chur. Seit elf Jahren leitet er die Tiefbaudienste der Stadt und hat die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) von Anfang an betreut. Das Gesetz verpflichtet die Gemeinden, sämtliche Haltestellen respektive Haltekanten im öffentlichen Verkehr wo möglich mit 22 Zentimetern Anschlag und wo nicht anders möglich mit 16 Zentimeter Anschlag zu erstellen. In Chur wurden bis Ende 2024 von insgesamt 191 Bushaltestellen bereits 84 Haltekanten nach den Vorgaben saniert. Dies bedeutet, dass von den zwingend auszuführenden Haltekanten bereits über 50 Prozent umgesetzt wurden. Eine komplexe Angelegenheit, die eine enge Abstimmung zwischen den Tiefbaudiensten der Stadt, Chur Bus und den ausführenden Bauunternehmen verlangt, wie Arpagaus ausführt.
Wie eine behindertengerechte Bushaltestelle letztlich konstruiert werden muss, dazu machte der Bund anfänglich keine klaren Vorgaben. «In der ganzen Schweiz begannen Gemeinden mit dem Umbau von Haltestellen und mussten feststellen, dass eine Erhöhung der Haltekante auf 22 Zentimeter allein nicht genügt», sagt Arpagaus. Auch in Chur funktionierten die ersten umgebauten Bushaltestellen nicht wie gewünscht. Erst mit dem Bau der Haltestelle «Erlöserkirche» wurde eine zufriedenstellende Bauweise gefunden: mit einer Haltekante aus Naturstein (Kasseler Sonderbord), einer Betonfahrbahn sowie einem Personenunterstand und der dazugehörigen Terrainanpassung. Deshalb dient diese Bushaltestelle inzwischen als Musterhaltestelle in der Stadt.


Koordination mit weiteren Bauarbeiten
Verschiedene Voraussetzung müssen gegeben sein, um eine Haltestelle behindertengerecht um-zubauen. So werde auf der Fahrbahn bei einer Haltestelle eine Betonplatte ausgeführt, damit die Höhe konstant bleibe und sich keine Deformierungen in der Fahrbahn bilden, erklärt Arpagaus. Bei einer reinen Ausführung mit Asphalt würden mit der Zeit Dellen entstehen und die Kantenhöhe würde sich wieder verändern. Ausserdem sind die Haltekanten mit dem sogenannten Kasseler Sonderbord ausgeführt, einem Bordstein, der es den Busfahrer:innen erlaubt, dicht an den Rand-stein ranzufahren, ohne die Reifen damit zu beschädigen.
«Die Reihenfolge der Sanierungen wurde aufgrund der Frequenzen, der Priorität wie Zugang zum Spital und Altersheimen sowie der technischen Machbarkeit konzeptionell festgelegt», sagt Arpagaus. Auch sei die Umsetzung nach Möglichkeit mit weiteren Projekten von Strassen- und Werkleitungssanierungen koordiniert worden. Zwar sei die Stadt in ihrer Funktion als zuständige Behörde für die Ausführung der Bushaltestellen verantwortlich, steht dabei jedoch in regelmässigem und und engem Austausch mit den Verantwortlichen von Chur Bus, ergänzt er. Zudem müssen bei der Planung langfristige Zeiträume beachtet werden. «Wir planen mit einer Planungssicherheit von zwei Jahren und konzeptionell vorausschauend bis sechs Jahre. Wichtig ist, dass die Mobilitätsstrategie und Buslinienoptimierung mit den zukünftigen Verkehrsströmen verlaufen», führt Arpagaus aus. Auch die Finanzierung muss zeitgerecht budgetiert und genehmigt sein. Dabei trägt die Stadt Chur 40 Prozent der Baukosten, der Kanton Graubünden beteiligt sich mit 60 Prozent daran.
Grosser Umbau beim Bahnhof geplant
Im laufenden Jahr 2025 plant die Stadt die Umsetzung von zwölf Haltestellen mit Kosten von rund 950’000 Franken. Ein grösserer Umbau steht in den Jahren 2026 und 2027 am Bahnhofplatz bevor. Die acht Bushaltestellen werden mit den beiden Perrons der Chur-Arosa-Bahn der Rhätischen Bahn (RhB) in einem gemeinsamen Projekt von der Stadt und der RhB umgebaut. Mit dieser Realisierung hat Chur dann gegen 60 Prozent der Bushaltestellen behindertengerecht umgebaut. Roland Arpagaus wird diese Arbeiten nur noch von aussen begutachten können. Nach 27 Jahren bei den Tiefbaudiensten und davon elf Jahre als Stadtingenieur tritt er Ende August 2025 in seinen wohlverdienten Ruhestand.